Olaf Kübler feat. Christoph Spendel Trio

“Vaterfigur des deutschen Jazz”[1] …directly from the heart
[1] Marcus A. Woelfle in den liner notes zu „Midnight Soul“

Olaf Kübler, Baujahr 1937, bunter Vogel und Saxofongigant, kann unzweifelhaft als lebende deutsche Jazzlegende bezeichnet werden: Als Autor des Buches “Klartext- Voll daneben” blickt er mit „einem Augenzwinkern und einer Träne im Knopfloch“ auf seine bewegende und beachtliche musikalische Vita zurück. Dabei serviert Kübler „Schnoddrig und selbstironisch [...] Anekdoten von Größen wie Elvis Presley, Ike Turner und Sting, mit denen er im Laufe der Jahre zu tun hatte und enthüllt dabei so Einiges...“, wie der Jazzjournalist Marcus A. Woelfle seine Memoiren kommentierte.

Olaf Kübler gehört zu den bedeutensten Nachkriegsjazzern in Deutschland. Die erste Berührung mit dem Jazz vollzog sich in Teenagerjahren in Gießen, wo er in amerikanischen Soldatenclubs „Jump-music“ spielte. In der Kurt Edelhagen Jazzschule in Köln holte sich der Tenorsaxofonist den musikalischen Feinschliff. Er spielte mit Musikern wie Alexander von Schlippenbach, Jacki Liebezeit, Manfred Schoof, und Gunter Hampel, mit denen er durch Deutschland zog: „Das war wie im Bergwerk, Stollen sieben! Eine Stunde spielen, Viertelstunde Pause, und das achtmal am Abend. Für monatlich neunhundert Mark... Normalerweise hatten die Pianisten nach acht Stunden keine andere Möglichkeit, als ihre blutunterlaufenen Fingernägel in der Küche abzukühlen, nachdem sie den ganzen Abend in die meist kaputten Klaviere reingehämmert hatten. Noch heute erinnere ich mich an so manch einen begabten Musiker, wie er in der Küche weinte, weil er physisch nicht in der Lage war, diesen Mörderjob durchzuhalten.“ (aus Klartext/Voll daneben)

Mitte der 1960er Jahre spielte er in seiner „Münchner Zeit“ im legendären Jazzlokal Domicile mit vielen Jazzgrößen der Zeit, wie z.B. Benny Bailey, Don Menza oder Mal Waldron.

Seine Liebe zum Jazz ist ihm nie verloren gegangen, jedoch bevorzugte er es Ende der 60er Jahre neben den vielen Jazzsessions weitere musikalische Herausforderungen anzunehmen: Als Produzent für United Artists Records und Initiator der legendären Underground-Band Amon Düül II produzierte er in 5 Jahren 10 sagenumwobene LPs, war auf Klaus Doldingers erster Passport-LP vertreten und arbeitete als Saxofonist für Film- und Fernsehen. Die 70er Jahre waren von seiner erfolgreichen Zusammenarbeit mit Udo Lindenberg geprägt, Engagements für Marius Müller-Westernhagen folgten. Nach einem Auftritt mit Peter Maffay in der ehemaligen DDR, entschloss er sich dem fulminanten Rock’n’Roll Leben ein Ende zu setzen.

Durch die enge künstlerische Beziehung zu dem Pianisten und Songschreiber Paul Millns wird seine Offenbarung klar, Kübler findet zu seinen Jazz- und Blues Wurzeln zurück. Back To The Roots! Auf seiner 2002 erschienenden CD When I’m 64 dokumentiert er zusammen mit dem Christoph Spendel Trio (Christoph Spendel, piano, André Nendza, bass, Joe Bonica, drums) seine nie verlorengegangene Leidenschaft zur improvisierten Jazzmusik: Im Oktober 2003 ist nun das zweite Album des Quartetts erscheinen: „Midnight Soul“ (Village/ZYX) – versehen mit einer gehörigen Portoin Soul.

Kübler spielt, wie er selbst sagt, „directly from the heart“. Die große Tiefe und Reife seines Spiels wird besonders eindrucksvoll in der Interpretation der Balladen deutlich: „Ich bin 64 Jahre alt, habe viel erlebt und in den letzten Jahren über vieles nachgedacht. Ich habe meine ganze Lebenserfahrung und mein Herz mit hinein gelegt, um sie so zu interpretieren, dass ich eine Gänsehaut bekomme, und die Leute auch.“

Kübler präsentiert Mainstream Jazz vom Feinsten: Zwischen Bebop und Soul, Blues und Swing, mit viel Gefühl, lateinamerikanischem Feel und hippen Grooves. Das wunderbar harmonierende Christoph Spendel Trio liefert ihm das musikalische Fundament für seine Improvisationen.